Liebe Leser*innen,
2024 war ein Jahr voller Herausforderungen für die Demokratie – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Rechtsextremismus wurde weiter normalisiert, besonders durch die AfD, die in vielen ostdeutschen Kommunalparlamenten mittlerweile die stärkste Fraktion stellt und voraussichtlich bei den Bundestagswahlen 2025 zur zweitstärksten Kraft aufsteigen wird. Auch international sind autoritär-nationalistische Kräfte auf dem Vormarsch, in Österreich mit der FPÖ, in Rumänien mit dem überraschenden Wahlerfolg des rechtsextremen und prorussischen Kandiaten Călin Georgescu und in den USA mit der Rückkehr des Antidemokraten schlechthin: Donald Trump. Wohin das führt, wissen wir: Demokratische Institutionen geraten weiter unter Beschuss und die Rechtsstaatlichkeit wird untergraben. 2025 wird nicht besser. Demokratien auf der ganzen Welt sind so bedroht, wie nie zuvor. Nie in der Geschichte der Bundesrepublik war eine rechtsextreme Partei so stark und so entschlossen, die Demokratie in ihren Grundfesten anzugreifen.
Migrationsfeindliche Rhetorik und Gewalt gegen Geflüchtete sowie Vertreter*innen demokratischer Parteien nehmen zu – vor allem in Thüringen, Brandenburg und Sachsen, wo auch die politisch motivierten Straftaten steigen. Der Bundestagswahlkampf wird die Stimmung überall weiter anheizen. Mit der Kampagne unseres Opferfonds CURA machen wir auf den permanenten Hass und die Hetze gegen Geflüchtete aufmerksam und stellen die gewaltvollen Konsequenzen dieses politisch gut kultivierten Feindbilds in den Vordergrund.
Die demokratischen Parteien haben immer noch kein wirksames Rezept gegen rechtsextreme und populistische Kräfte gefunden. Nur dagegen sein, reicht nicht, es braucht eigene Ideen und Erzählungen. Und die dürfen nicht daraus bestehen, die menschenfeindlichen Forderungen und Ideologien der AfD zu übernehmen. Die Zivilgesellschaft muss Lösungen für die drängenden Probleme vor Ort einfordern oder sie selbst organisieren. Alarmierend ist die Naivität, die in Teilen Westdeutschlands noch immer gegenüber der Gefahr des Rechtsextremismus herrscht. Insbesondere in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz ist der Einfluss des parteiförmigen Rechtsextremismus deutlich spürbar. Auch im Westen drohen „ostdeutsche Verhältnisse“, wenn Demokrat*innen weiter die Augen davor verschließen. Es ist aber noch lange nicht alles schlecht: Über vier Millionen Menschen sind 2024 in Deutschland auf die Straße gegangen, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Auch das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben. Und es blieb nicht bei den Demonstrationen – zahlreiche Initiativen kämpfen deutschlandweit aktiv gegen den Vormarsch der extremen Rechten. Wie die „Bunten Perlen“ in Waldheim, die den Rechtsextremen erfolgreich den öffentlichen Raum entziehen und dafür im November mit dem Sächsischen Demokratiepreis der Amadeu Antonio Stiftung ausgezeichnet wurden. Das ist nur eine von zahlreichen Erfolgsgeschichten.
Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen hat die Amadeu Antonio Stiftung 2024 viel erreicht: Dank Ihrer Spenden konnten wir 204 zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützen, die sich gegen Rechtsextremismus stellen – vor allem in kleineren Städten und auf dem Land.Zwölf überregionale Austausch- und Vernetzungstreffen und 60 Workshops zu Desinformation, allein in Sachsen, sprechen eine deutliche Sprache. Unsere digitalen Bildungsprojekte wie „Good Gaming – well played Democracy“ (das wir Ende 2024 einstellen müssen, weil das Bundesfamilienministerium es nicht mehr weiter fördert) und das neue Tool „SwipeAway“, das junge Menschen für rechtsextreme Propaganda sensibilisiert, haben online eine enorme Verbreitung und Wirkung erzielt. Zudem haben die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus – dieses Jahr zum Thema „Terror gegen Juden“ –über 3.000 Veranstaltungen in mehr als 80 Städten unterstützt. Die Amadeu Antonio Stiftung wird auch 2025 der Zivilgesellschaft den Rücken stärken und gegen Angriffe auf die Demokratie mobilisieren. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie es uns, wichtige Projekte in ganz Deutschland zu fördern und den Widerstand gegen Neonazis und Rechtsextreme zu unterstützen. Jede Spende zählt, um unsere Arbeit 2025 fortzusetzen und eine starke, pluralistische Gesellschaft zu fördern.
Ich hoffe, Sie können die Zeit zwischen den Jahren mit Ihren Liebsten genießen. Schon jetzt danke ich Ihnen für Ihre unermüdliche Unterstützung.
Ihr Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung |