während große Teile Deutschlands über den Rassismus im Schampus-Milieu überrascht waren, waren wir es gar nicht. Denn wir wissen von Betroffenen wie aus Forschung, dass Wohlstand nicht vor Rassismus schützt. Nicht zuletzt das von Correctiv enthüllte Geheimtreffen in Potsdam des rechtsextremen Organisators Mörig mit verschiedenen Unternehmer*innen hat gezeigt, wie rechtsextreme Positionen auch unter wohlhabenden Menschen kursieren.
Ich halte gar nichts von diesem Gerede von Wohlstandsverwahrlosung – denn dann tritt die dringend notwendige Debatte über den Rassismus, dem die AfD, Heimat, Freie Sachsen und immer wieder mal auch demokratische Parteien den Boden bereiten, in den Hintergrund. Für Rassismus darf es keine Verharmlosung, Verständnis oder Entschuldigung geben. Deswegen sind wir hier alle gefragt und auch eine strafrechtliche Prüfung ist angemessen, gerade dann, wenn Menschen sich lächelnd selbst bei solchen Parolen filmen und das bewusst ins Netz stellen. Sonst werden wir solche Videos noch viel öfter sehen, vor allem auch mit Blick auf einen Party-Nationalismus und von Rechtsextremen beschworenen “Stolzmonat” im Zuge der Fußball-EM.
Die AfD hat mit ihren „Remigrations“-Plänen erheblich zur Normalität des völkischen Rassismus und zur Gewaltbereitschaft beigetragen. Mit der Partei ist ein Anbieter für den plumpen Rassismus wählbar. Die soziale Ausgrenzung von Rassist*innen wird immer brüchiger, insbesondere, wenn es um Hetze gegen Geflüchtete geht. Wer sich die aktuelle Auswertung der Thüringer Kommunalwahl unserer Kolleg*innen vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena anguckt, kann einen Eindruck bekommen, wie und wo die AfD mit ihrer Hetze nachhaltig erfolgreich war. Ich kann nur davor warnen, den Achtungserfolg der AfD und der rechtsextremen Landnahme am letzten Sonntag zu verharmlosen. Die rechtsextreme Partei ist spätestens nach dieser Wahl „normal“ in Thüringen und taugt nicht mehr als Schreckgespenst.
Am 9. Juni, zeitgleich mit den Europawahlen, tritt die Thüringer AfD nun in neun Kreisen in der Stichwahl um das Landratsamt an. Darüber hinaus werden auch Kommunalparlamente in acht weiteren Bundesländern gewählt. Insbesondere in Ostdeutschland droht ein weiterer Kipppunkt, wenn sich rechtsextreme Parteien weiter in den Kommunalparlamenten verankern oder sogar die stärkste Fraktion stellen. Die Antwort kann jedoch nicht sein, sich im Wahlkampf nur an der AfD abzuarbeiten, was wir z.B. im Europawahlkampf wirklich viel zu häufig sehen – etliche Plakate, deren Botschaft sinngemäß lautet: „Dein Kreuz gegen Nazis“.
Es braucht vielmehr eine gesellschaftliche Antwort, eine Idee, wie wir ohne Rassismus zusammen leben wollen – denn wenn diejenigen, die „Deutschland den Deutschen“ promoten, die einzigen sind, die mit einer starken Erzählung einer zukünftigen deutschen Gesellschaft aufwarten, dann wird es düster.
Es ist wieder höchste Zeit, sich die Agenda nicht von der AfD diktieren zu lassen, es ist höchste Zeit, unsere Demokratie, unsere Freiheiten und unseren Zukunftsvorstellungen selbstbewusst zu verteidigen. Ich freue mich, dass wir in Ihnen, unseren Partnerorganisationen und den zivilgesellschaftlichen Projekten gute Partner*innen haben. Wenn Sie können, unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende an unseren Gegenwind-Fonds.
Alles Gute und: Wählen gehen nicht vergessen!
Ihr Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung |