Praktische Tipps und Tools zur Erkennung von Falschmeldungen
Künstliche Intelligenz, Deepfakes und Dekontextualisierungen: Manipulierte oder aus dem Zusammenhang gerissene Videos und Bilder werden gezielt genutzt, um Desinformationen zu verbreiten. Die Flut an Desinformationen und ihre Folgen, die unlängst wieder am Beispiel des Terrors der Hamas gegen Israel am 7. Oktober und dem danach aufkommenden Antisemitismus deutlich wurde, zeigt den immensen Handlungsbedarf im Kampf gegen Desinformationen und wirft die konkrete Frage auf, wie Nutzer*innen Falschmeldungen erkennen können.
von Denis Gross
Themen Desinformationen / KI / Tools
Dass es nicht immer einfach ist, eine (Des-)Information auf Anhieb zu erkennen, ist hinreichend bekannt und unter anderem in der Studie der Bertelsmann Stiftung deutlich belegt: mehr als die Hälfte der EU Bürger*innen zweifelt am Wahrheitsgehalt von Informationen aus dem digitalen Raum, doch nur wenige nehmen sich die Zeit, die jeweiligen Inhalte auch zu überprüfen.
Täuschend echte, KI-generierte Fälschungen und die Dynamik sozialer Medien sind nur einige Faktoren, die eine Prüfung des Wahrheitsgehalts von Inhalten massiv erschweren.
Dabei gibt es einige einfache Tools und Tricks, die helfen, Fakes erfolgreich entlarven zu können um Informationen auf sozialen Medien auf ihre Echtheit zu prüfen.
OSINT-Tools
OSINT steht für Open Source Intelligence, also die Nutzung von frei zugänglichen Daten. Sowohl Profis als auch Laien nutzen die kostenlosen Tools als Recherche-Werkzeuge, um gefälschte, manipulierte oder dekontextualisierte Bilder und Videos zu erkennen.
Nutze die Bilder-Rückwärtssuche
So simpel wie effektiv ist die “Bilder-Rückwärtssuche” über Suchmaschinen. So kann etwa Google genutzt werden, um über die Bildersuche (sowohl über PC oder Smartphone möglich) ein Bild oder Screenshot eines Videos einzufügen und so zu erfahren, wo und wie das Bild verwendet wurde bzw. die Bildquelle ausfindig zu machen. Insbesondere bei Bildern oder Videos, die aus dem Kontext gerissen wurden, kann so ein Quellenvergleich äußerst effektiv sein, um Desinformationen zu entlarven. Wurde das Bild davor schon einmal verwendet? Ist es der gleiche inhaltliche Zusammenhang? Gab es vielleicht schon einen Faktencheck?
Das Video soll einen vermeintlicher Blitzeinschlag in Israel zeigen...
... doch die Bilder-Rückwärtssuche zeigt, dass das Bild schon einmal in einem anderen Kontext verwendet wurde und es einen Fakecheck gibt:
Eine ausführliche Anleitung zur Rückwärtssuche bei Google findet ihr hier.
Weitere hilfreiche Tools zur Rückwärtssuche sind u.a. “Reverse Image” oder “Image Search”, die mehrere Suchmaschinen wie Google, Yandex und Bing einbeziehen und ein umfangreicheres Bild der Verbreitung darstellen.
Ein Bild genau unter die Lupe nehmen mit Forensically
Einen noch tieferen Einblick in die Beschaffenheit von Bildern und möglichen Manipulationen ermöglicht das Tool “Forensically”. Nach einer kurzen Einarbeitung in die Funktionsweisen kann ein hochgeladenes Bild auf kopierte, eingefügte oder manipulierte Stellen untersucht werden. Über die einsehbaren Meta- und Geodaten bekommt man außerdem Einblick, ob und mit welcher Software das Bild bearbeitet wurde und erhält Informationen über den Ort der Aufnahme.
Einen kurzen Einblick in die Funktionsweise und eine Anleitung für das Tool findet ihr hier.
Forensically bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, Bilder auf diverse Manipulationen zu untersuchen.
U.a. zeigt der "Clone Detector" kopierte Elemente im Bild an.
Entlarve durch KI generierte Bilder mit KI-Detektoren
Mit der riesigen Masse an generierten Bilder durch KI werden auch vermehrt Erkennungswerkzeuge entwickelt. Das Tool “Illuminarty” gibt die prozentuale Wahrscheinlichkeit an, ob ein Bild von einer KI generiert wurde oder nicht. Noch weiter geht das Tool “AI or Not”, das neben Bildern auch Sounds untersucht. In unserem Test mit unterschiedlichen Beispielen waren die KI-Detektoren schon sehr genau, zeigten aber auch eine gewisse Fehleranfälligkeit. So sind derartige Werkzeuge sicher sinnvoll, sollten aber nur als Teil eines größeren Verifikationsprozesses gesehen werden.
Nützlich aber unzuverlässig: erkennt das Tool in diesem Beispiel relativ genau das durch KI-generierte Bild...
... scheitert es in diesem Fall.
Nutze die Standort-Analyse
Die Standort-Analyse oder auch Geolokalisierung – also die genaue Prüfung des Dargestellten zur Standortbestimmung – kann besonders bei dekontextualisierten Bildern und Videos die Verifizierung vereinfachen. Ist das Video wirklich an besagtem Ort gedreht? Was verraten die Straßen- oder Autoschilder über den Aufnahmeort? Gibt es prägnante Gebäude oder Sehenswürdigkeiten, die sich lokalisieren lassen? Passt die Jahreszeit zu den getragenen Klamotten? Hat es an besagtem Tag wirklich geregnet? Unter Einbezug weiterer Tools, wie das vorab erwähnte Forensically zur Gewinnung der Geodaten oder diverser Wetterdatenbanken lassen sich gegebene Daten püfen.
Auch wenn es im alltäglichen Konsum von sozialen Medien oft schwer ist, sämtliche suspekt erscheinende Bilder und Videos zu überprüfen, lohnen sich vereinzelte Analysen. Insbesondere bei Inhalten, die einem sowieso schon komisch aufstoßen.Neben der unmittelbaren Prüfung der Inhalte rücken die Herausbildung von Sensibilität und Medienkompetenz gegenüber Desinformationen in den Fokus.
Wie binden wir Tools ein?
Diverse Tools zur Entlarvung von Desinformationen eignen sich hervorragend für die Arbeit mit Jugendlichen. Nach einer Vorstellung und Einführung genannter Tools können z.B. für eine Unterrichtseinheit – passend zum jeweiligen Unterrichtsthema – verschiedene Beispielbilder den Teilnehmenden und/oder Gruppen vorgelegt werden. Diese müssen nun in einem Verifikationsprozess prüfen, ob es sich nun um eine Fälschung/ Manipulation/ Dekontextualisierung handelt oder nicht. Dieses Detektivspiel ist nicht nur eine Abwechslung zum eigentlichen Unterricht, sondern schärft auch auf spielerische Art und Weise den Blick und die Kompetenzen der Teilnehmenden.