Manipulative Techniken und emotionaler Missbrauch sind klassische Methoden sogenannter Pick-Up-Artists. Diese - überwiegend männlichen Gruppen - setzen gezielt Verhaltensweisen und Techniken ein, um fremde Menschen - meist Frauen - sexuell zu verführen. Die Entwicklung einer dominanten Alpha-Männlichkeit wird bei den Pick-Up-Artists (folgend PUA abgekürzt) zum allgemeingültigen Rezept für sexuellen Erfolg erklärt. Mit dem Begriff „Alpha“ werden als attraktiv wahrgenommene, erfolgreiche, dominante und hypermaskuline Männer bezeichnet. Dieses Ideal geht gleichzeitig mit der Abwertung und Objektivierung von Frauen einher und führt nicht selten zu einer Legitimierung von Gewalt. Eine gängige Erzählung der PUA ist, dass Frauen, die in einer sexuellen Situation „nein" sagen, eigentlich „ja" meinten, weshalb Widerstände ignoriert und übergangen werden könnten. Entgegen der ansonsten biologistischen Ideologie der PUA basiert die Idee der Alphamännlichkeit ihrer Auffassung nach nicht auf einer genetischen Veranlagung: Alphamännlichkeit sei performativ und könne somit von allen Männern erlernt beziehungsweise gespielt werden. Sie werde durch Selbstoptimierung, Unterdrückung jeglicher Emotionen und hartes Training mit den Pick-Up-Gurus erreicht. Die Spiel-Logik hat bei den PUA eine entscheidende Rolle. So werden etwa die Verführungsstrategien in verschiedene „Spielphasen" unterteilt. Eine wesentliche Regel des Spiels besteht darin, distanziert und überlegen zu sein, was dazu dienen soll, in der Position als „Spielleiter“ die Kontrolle über die Geschehnisse in der Interaktion mit Frauen zu haben. Diese werden in Attraktivitätslevel auf einer Skala von eins bis zehn unterteilt. Ziel des Spiels ist es, eine möglichst hohe Anzahl an sexuellen Partnerinnen zu erreichen.
Der spielerische Ansatz der Pick-Up-Szene kann eine besondere Anziehungskraft auf jüngere Männer ausüben. Insbesondere in Selbstfindungsphasen oder Identitätskrisen können die Versprechungen von Selbstvertrauen und Gemeinschaft auf fruchtbaren Boden stoßen: Neben Spiel und Spaß wird eine neue hypermaskuline Version seiner Selbst versprochen. Zudem betonen PUA die Wichtigkeit der Community, also das Bündnis zwischen den Männern. Somit wird ein Zusammenhalt suggeriert und ein Gemeinschaftsgefühl gestärkt. In diesen homosozialen, männerbündischen Räumen existieren keine weiblichen Sichtweisen. Wichtig ist nur die Bestätigung der anderen Alphas.
Die Attraktivität in der Alphamännlichkeit besteht - nach Ansicht der PUA - nicht trotz, sondern wegen ihres offenen und mutwilligen Sexismus. Ihre imaginierten Macht- und Besitzansprüche an Frauen werden nicht subtil, sondern unverhohlen nach Außen kommuniziert.
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