gerade ist es noch mal abgewendet worden. Am letzten Wochenende bestand im brandenburgischen Seelow wieder die Möglichkeit, dass ein hauptamtliches Bürgermeisteramt an einen Rechtsextremen von der AfD geht. Deren Erfolg ist ausgeblieben, auch weil der unabhängige Gegenkandidat von allen Parteien unterstützt wurde – von der CDU bis hin zur Linken. Der Berliner Tagesspiegel überschrieb den Artikel zur Wahl erleichtert: „Hype der AfD gebrochen“. Aber diese Atempause kann auf Dauer kein Rezept sein, sondern ist eher ein Armutszeugnis für die Demokratie. Und vor allem zahlen solche aus der Not geborenen Zusammenschlüsse auf die Selbstinszenierung der AfD als einzige Alternative zu den demokratischen Parteien ein, die angeblich ohnehin alle austauschbar seien. Was machen wir bei den Bürgermeister*innenwahlen am 3. September in Frankenberg (Sachsen), am 10. September in Nordhausen (Thüringen) oder am 24. September in der AfD-Hochburg Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt)? Wie bereiten wir uns auf das Wahljahr 2024 in Ostdeutschland vor? Es ist keinesfalls sicher, dass immer ein Kandidat gewinnt, der auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Wir brauchen also bald nicht nur eine Strategie zum Umgang mit Wahlerfolgen von Rechtsextremen, denen es zunehmend gelingt, sich als „normal“ darzustellen. Vor allem brauchen wir jetzt Entschlossenheit und Haltung der demokratischen Parteien, die nicht länger den Kopf in den Sand stecken dürfen und dabei hoffen, dass das Gespenst AfD sich baldmöglichst wieder in die Büchse der Pandora zurückzieht. Diesen Zahn können wir ihnen ziehen. Denn diese Herausforderungen kennen wir aus 25 Jahren Stiftungsgeschichte ganz genau. Die Parteiführungen haben oft kein Bild davon, was für heftige Anfeindungen und Gegenwind die Engagierten vor Ort aushalten müssen.
Die populistische und rechtsextreme Herausforderung wird die Demokratien nicht nur in Europa in den nächsten Jahren weiter unter Druck setzen. Als Stiftung setzen wir weiter darauf, die demokratischen Akteure zu unterstützen: Wir wollen zusammen Antworten finden und die Zivilgesellschaft in ihrer klaren Haltung und mit der durch uns geförderten Projektarbeit gegen Rechtsextreme bestärken. Das wollen wir nicht alleine tun, sondern mit vielen anderen Organisationen, Parteien und gerne auch weiteren Stiftungen zusammen. Deswegen freuen wir uns auf den Austausch, interessante Gespräche und bitten auch Sie um Ihre Unterstützung und Spenden. Wer sich fragt, wie es zu einer solch hohen Zustimmung zu rechtsextremen Wahlangeboten kommen konnte, muss auch über die sozialen Netzwerke reden. Dabei sind wir längst über die Problematik der sogenannten Filterblasen, die die Nutzer*innen von der realen Welt abschotten und Parallelwelten der immerwährenden Zustimmung eigenen Denkens erschaffen, hinaus. Die Filterblasen sind geplatzt - Wut, Hetze und lautes Pöbeln dominieren den Ton in vielen Teilen des digitalen Raumes. Deswegen ist es so wichtig, dass wir weiter in die Stärkung der Demokratie und Zivilgesellschaft im digitalen Raum investieren und uns auch dort Hass und Hetze entgegenstellen. Wir haben als Amadeu Antonio Stiftung gerade an den Ausschuss für Digitales des Deutschen Bundestages appelliert, dass die eingestellte Förderleitlinie des Bundesjustizministeriums gegen Hass im digitalen Raum, vom Bundesdigitalministerium übernommen wird. Sie können uns helfen, indem Sie die untenstehende Petition unterschreiben.
Seien Sie ganz herzlich gegrüßt! Ihr Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung
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