Tobias Ebbrecht-Hartmann: Ich glaube, es wird deutlich, dass wir nicht dieses eine Medium oder diesen einen Ansatz haben, mit dem wir alles vermitteln können. Bei digitalen Vermittlungsformen müssen wir uns bewusst machen, wie die vernetzte Art von digitalen Medien produktiv genutzt werden kann. Das bedeutet immer auch die Validierung von Informationen. Das bedeutet aber vor allem auch, dass Geschichtsbewusstsein ganz eng verzahnt ist mit Medienkompetenz und natürlich auch mit Digitalkompetenz in der heutigen Zeit. Es lässt sich eigentlich beides sehr gut verbinden, um auch zu lernen: “Was sind Informationen, denen ich trauen kann? Was sind Informationen, wo ich zweifeln sollte?” Das bietet Möglichkeiten, Kompetenzen zu entwickeln, etwa mit Verschwörungserzählungen umgehen zu können. All das können wir in der Auseinandersetzung mit Geschichte über solche medialen Formen einüben. Das bedeutet aber auch, kritisch zu reflektieren: Wie funktioniert eine Erzählung? Was wird ausgelassen? Wo sind die Leerstellen? Aus welcher Perspektive wird erzählt? Diese Formate bieten sich an, aber natürlich sind sie kein Allheilmittel, sondern erst der Anfangspunkt. Es ist immer notwendig, ab einem bestimmten Punkt zu den historischen Überlieferungen, zu den Quellen oder zu den Zeugnissen der überlebenden Zeitzeug*innen zu kommen. Gedenken auf Social Media ist kein Ersatz, sondern ein weiterer Zugang, der zu einer gewissen Komplexität von Geschichte einen Raum eröffnet. Ansonsten geht es auch gar nicht darum, ausschließlich Wissenslücken zu schließen, sondern die Geschichte und die Auseinandersetzung mit Geschichte Teil der eigenen Lebenswirklichkeit und der eigenen Biografie zu machen. Denn die Frage ist ja zum Beispiel: “Welche Haltungen nehme ich ein? Wie verhalte ich mich zur heutigen Form von Ausgrenzung? Wie verhalte ich mich dazu, dass Leute die historischen Ereignisse des Holocaust infrage stellen?” Das ist keine Frage von Faktenwissen, sondern das ist eine Frage von Haltung und Geschichtsbewusstsein.
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