vor einigen Monaten hatten Lehrer*innen in einem Brandbrief bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt, in dem sie die rechtsextreme Normalität an ihrer Schule im brandenburgischen Burg beschrieben, und wie sie damit alleingelassen werden.
Man würde vermuten, dass sich seit dem Brandbrief etwas verändert hat. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Polizei ermutigt nicht, sondern ist selbst eingeschüchtert, die Brandenburger Justiz fällt durch beunruhigend lasche Urteile gegenüber Rechtsextremen auf und im Bildungsministerium scheint man den Fall vor allem aussitzen zu wollen. „Es hat sich im Gegenteil alles nur noch verschlimmert“, ist das bittere Fazit eines Schülers, der den Alltagsterror selbst erlebt.
Die rechtsextreme Szene feiert, weil es durch aggressiven Raumkampf gelungen ist, die Lehrer*innen zu vertreiben. Mit etlichen Aufklebern in der Stadt hatten sie die Lehrkräfte für vogelfrei erklärt und zur „Jagd“ aufgerufen. Stichwortgeberin war wieder einmal die AfD, bei der die mutigen Lehrkräfte als „linksradikale Denunzianten“ beschimpft wurden.
Die Krönung: Das Schulamt droht den Lehrkräften mit einer Abmahnung, weil sie das Problem öffentlich machen. Dabei ist das letztlich Notwehr, weil die Schulleitung schlicht gar nichts gemacht hat, das Ministerium sich Monate lang nicht geäußert hat, die Landesregierung immer nur weiter den Tourismus im Spreewald beworben hat. Für Brandenburg ist das bitter, denn die lange bundesweit vorbildliche Arbeit im Kampf gegen Rechtsextremismus implodiert. Immer mehr ging es zuletzt nur noch um Symbolpolitik, die Perspektive der Betroffenen ist aus dem Handeln der Verwaltung verschwunden.
Was tun? Aus kaufmännischer Perspektive müsste man die Region wahrscheinlich einfach als rechtsextreme Mafiaregion abschreiben. Investitionen sind in absehbarer Zeit unrentabel. Aber wir sehen das anders und würden gerne Wagniskapital in die Hand nehmen, von dem wir wissen, dass es gut investiert ist. Denn auch wenn sie gerade in die Ecke gedrängt ist, gibt es sie, die Zivilgesellschaft, die inhaltlich klar und menschlich wundervoll ist. Wir sind mit den Engagierten aus Burg und der Region in Kontakt und werden sie als Stiftung fördern und die Betroffenen mit dem CURA Fonds für Betroffene rechter Gewalt unterstützen. Wir sind überzeugt, dass wir Ihre Spenden, mit der Sie uns das ermöglichen, hier gut einsetzen.
Denn wir glauben an die engagierte Zivilgesellschaft und haben in 25 Jahren Stiftungshandeln häufig erlebt, dass Menschen auch in ihrer Region etwas verändern können. Eines der beeindruckendsten Projekte der Stiftung ist das Netzwerk für demokratische Kultur in Wurzen, einer Mittelstadt im Landkreis Leipzig. Die Stadt war und ist seit den 1990er Jahren ein Hotspot rechter Gewalt. Die Nazis sind noch immer dort und kämpfen um ihre Hoheit. Aber es strahlt eben auch das Wurzener Netzwerk als Demokratie-Leuchtturm in Sachsen, steht zuverlässig Betroffenen zur Seite und stellt sich dem rechtsextremen Alltagsterror entgegen. Es ist ein Beispiel, wie es gelingen kann. Und gerade deshalb sollten wir es auch überall sonst versuchen, statt den Kopf in den Sand zu stecken.
Wir können das alles tun, weil sie an unserer Seite stehen und dafür möchte ich mich von Herzen bedanken. Wenn Sie auch etwas beitragen möchten, freuen wir uns über eine Spende. Ich wünsche Ihnen noch schöne Sommertage, mit Sonnenschein und auch ab und zu einem erfrischenden Regen.
Ihr Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung
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