das politische Sommerloch ist längst kein Raum für Leichtigkeit mehr. Während der parlamentarische Betrieb pausiert, ist die Bühne frei für Kulturkämpfe – mit Parolen, die Schlagzeilen erzeugen und gezielt Ressentiments bedienen. Viele Demokrat*innen tappen geradewegs in die aufgestellten Fallen hinein.
Die Beispiele sind zahlreich: Ein Verbot der Regenbogen-Flagge vor dem Bundestag, getarnt als vermeintliche „Neutralität“. Eine Kampagne gegen die Wahl von Verfassungsrichter*innen, angestoßen von rechts-alternativen Plattformen und bereitwillig aufgegriffen. Eine Bundestagspräsidentin, die auf einem Sommerfest bei dem Nius-Finanzierer die taz mit dem rechtsalternativem Portal vergleicht. Ein Gender-Verbot im Kulturstaatsministerium, mit der Begründung einer angeblich „bevormundenden Spracherziehung“. Und ein Innenministerium, das plant, sensible Daten zu trans* Personen zu speichern – gegen den Rat von Fachverbänden.
Besonders sichtbar wird dieser Kulturkampf auf der Straße: Rechtsextreme mobilisieren in diesem Sommer massiv gegen Christopher Street Days – queeres Leben soll eingeschüchtert und verdrängt werden. Unser kontinuierliches Monitoring zeigt: Bereits mehr als 70 der über 240 Veranstaltungen wurden in diesem Jahr gestört – fast 30 Prozent. Deshalb haben wir gemeinsam mit Campact den Regenbogenschutzfonds ins Leben gerufen. Damit unterstützen wir bereits 44 CSDs gerade in kleinen und mittleren Städten mit Sicherheitsmaßnahmen, Rechtsberatung und Ressourcen, damit queere Sichtbarkeit nicht zum Risiko wird, sondern stark bleibt.
Auch wir selbst werden immer wieder attackiert: Weil wir Konsequenzen aus der Einstufung der AfD als rechtsextrem durch den Verfassungsschutz fordern, stellte die AfD im Juli im Berliner Abgeordnetenhaus unsere Gemeinnützigkeit in Frage: „Wann wird voraussichtlich die nächste Prüfung stattfinden?“ Der Senat hat klar widersprochen – und bestätigt: Unsere Forderungen sind durch die Meinungsfreiheit gedeckt.
Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir sind der Gegenwind gegen diesen Kulturkampf – mit klarer Haltung und praktischen Angeboten. Beispielsweise mit unserem neuen Actionkit „demo:create“, das jungen Menschen Werkzeuge in die Hände gibt, um Hate Speech auf TikTok und anderen Plattformen zu erkennen, digitale Zivilcourage zu trainieren und Demokratie kreativ zu verteidigen. Mein absolutes Herzensstück darin ist die Übung „TikTok-Verbot in der Schule“ – kein klassisches Debattierformat, sondern ein Raum für Partizipation, jugendliche Selbstbestimmung und demokratische Konsensbildung. Aber klassische Debattierformate gibt es natürlich auch.
Der einzige Kulturkampf, den ich führen möchte, ist der für eine demokratische Kultur. Und wenn Demokrat*innen das wieder lebhaft tun, dann können Rechtsextreme sie auch nicht mehr mit ihren Themen treiben. Wir bleiben laut, wo andere schweigen. Wir stärken die offene Gesellschaft, wo andere spalten.
Vielen Dank für deine Unterstützung dabei!
Sommerliche Grüße Timo Reinfrank
Geschäftsführender Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung |