Aktuell häuft sich rechte Gewalt – und sie eskaliert. Am vergangenen Sonntag wurde das Demokratiefest „Bad Freienwalde ist bunt“ von vermummten Neonazis mit Schlagwerkzeugen überfallen. Die Täter kamen nicht von außen – sie stammen aus der Region, waren jung, organisiert und offenbar bereit, ihre eigenen Nachbarn zu attackieren. Es war ein gezielter Einschüchterungsversuch gegen Familien, queere Gruppen und alle, die sich für Demokratie einsetzen. Vermummte Nazis, die mit Quarzsandhandschuhen ein Stadtfest angreifen, das sich vor allem an Kinder und Familien richtet, macht einmal mehr deutlich: Rechtsextreme Gewalt ist zurück im Alltag. Es droht ein Flächenbrand. Was in Bad Freienwalde geschah, zeigt, was auf dem Spiel steht: Wer sich öffentlich für Vielfalt, Menschenrechte und Teilhabe engagiert, wird zur Zielscheibe. Kurz nach dem Angriff auf das Demokratiefest verbreitete die AfD ein Desinformationsvideo, das den Angriff relativiert, die Veranstalter*innen diffamiert und offen queerfeindliche Narrative bedient. AfD-Kandidat Lars Günther verharmlost die Gewalt, äußert Verständnis für die Täter und schürt rassistische Stimmung. Was wir erleben, ist die arbeitsteilige Strategie rechter Akteure: Die AfD liefert Hass und Hetze – Neonazis greifen an.
Der Angriff steht exemplarisch für eine besorgniserregende Entwicklung: Deutschlandweit formieren sich wieder offen gewaltbereite Neonazi-Jugendgruppen, deren Auftreten an die 1990er-Jahre erinnert – mit Springerstiefeln, Glatzen und einer Ästhetik, die Gewalt zelebriert. Die Baseballschlägerjahre 2.0 sind nicht mehr weit entfernt und auch wenn einige Jungnazis bereits wegen Gewalttaten vor Gericht stehen, bleibt die Gefahr groß, dass hier eine Brutstätte rechten Terrors entsteht. Dass es bei dem Angriff nicht zu noch schwereren Verletzungen kam, ist dem couragierten Eingreifen von Besucher*innen und Ordner*innen zu verdanken. Das Bündnis kündigte an, sich nicht einschüchtern zu lassen: „Wir waren heute da. Wir sind morgen da. Wir stehen für eine vielfältige, solidarische Gesellschaft.“
Diese Haltung braucht den Rückhalt der ganzen Gesellschaft. In Pforzheim konnten wir erleben, wie es
auch geht: Für den CSD am 14. Juni hatten Rechtsextreme eine „Gegendemonstration“ angemeldet. Unter der Reichskriegsflagge wurde in sozialen Netzwerken „Remigration“ gefordert – das Bild: junge Männer in Schwarz, klar einschüchternd. Trotz dieser Drohkulisse hielt die Stadt am CSD fest. Oberbürgermeister Boch (CDU) zeigt sich solidarisch, ebenso die Veranstaltenden: „Jetzt erst recht“ lassen sie verlauten. Auch die Kirchen solidarisieren sich klar: sie suchten den Schulterschluss mit der queeren Community und forderten ein Verbot der rechtsextremen „Gegendemo“. Als Amadeu Antonio Stiftung stehen wir fest an der Seite
all dieser mutigen Menschen. Mit dem Regenbogenschutzfonds, den wir gemeinsam mit Campact umsetzen, konnten wir 26 CSDs ermöglichen und stärken – doch die Nachfrage übersteigt alle Erwartungen: Bereits 42.000 € von den 100.000 € des Fonds sind vergeben. Wenn staatlicher Schutz fehlt, ergreift die Zivilgesellschaft die Initiative – aus Mut, Zusammenhalt und dem festen Glauben an eine demokratische, vielfältige Gesellschaft. Mit dem Fonds schaffen wir Raum für Solidarität, Hoffnung und gelebte Vielfalt – direkt vor Ort, unbürokratisch und mit Herz. Denn Pride-Veranstaltungen sind heute nicht nur Orte queerer Sichtbarkeit. Besonders im ländlichen Raum sind sie oft die wenigen Räume, an denen Vielfalt, Gleichwertigkeit und Demokratie erfahrbar werden. Aber Queerfeindlichkeit dient als zentrales Mobilisierungsmoment der extremen Rechten. Mehr denn je gilt daher: Wer die Demokratie schützen will, muss CSDs schützen. Sie zu schützen, heißt, unsere Gesellschaft zu verteidigen. Gerade jetzt. Zeigt euch, unterstützt uns, kommt zu den CSDs – für eine Gesellschaft, in der alle sicher und frei leben können.
Herzliche Grüße Ihre Tahera Ameer Programmvorständin der Amadeu Antonio Stiftung
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