Algospeak bezeichnet Codes, Chiffren, Euphemismen/Dogwhistles oder sprachliche Umschreibungen, die benutzt werden, um an der technischen Plattform-Moderation möglichst unbemerkt vorbeizukommunizieren. Das kann z.B. durch Umschreibungen, veränderte/falsche Schreibweisen, Ersatz einzelner Buchstaben durch Ziffern und Symbole oder Emojis erfolgen. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Manche dieser Begriffe und Zeichen werden von Jugendlichen mittlerweile auch über die Plattformen hinaus verwendet. Aber warum das Ganze? Auf TikTok werden Inhalte über die algorithmisch gesteuerte „For You“-Seite verbreitet, was dazu führt, dass Creator*innen ihre Beiträge gezielt so gestalten, dass diese durch den Algorithmus auf möglichst viele Zuschauer*innen treffen. Die Plattformen veröffentlichen hierzu keine genaueren Informationen. Der Grund hierfür ist, dass ein transparenter Einblick mehr missbräuchlich vercodierte Inhalte zur Folge hat, da man den Verbreitenden dabei hilft, ihre Inhalte so zu verfassen, dass der Algorithmus und gegebenenfalls auch die Guidelines nicht greifen können. Hier besteht ein Spannungsfeld zwischen Transparenz und Sicherheit.
Ziel von Algospeak ist also – in den wohl meisten Fällen - die Vermeidung von antizipierten Einschränkungen der Inhalte durch die Plattform-Moderation. Sicherlich gibt es auch viele junge Leute, die sich Trends oder Hashtags, die Algospeak enthalten, aus Spaß und Zugehörigkeitsgefühlen aneignen – in diesem Fall funktionieren die Codes dann auch als Insider, Bekenntnis oder um zu signalisieren das man mit der Plattform und Lingo einer Blase vertraut ist.
Ein Video, das sich kritisch mit rechtsextremen Narrativen auseinandersetzt, kann durch die Algorithmen auch an Nutzer*innen ausgespielt werden, die zuvor an rechtsextremen Inhalten Interesse gezeigt haben, da bei der Ausspielung nicht zwangsläufig nach inhaltlicher Positionierung differenziert wird. Dies stellt die digitale Präventionsarbeit zusätzlich vor neue Herausforderungen.
Die Vermutung liegt nahe, dass der Algorithmus von TikTok auf Wörter anspringt, die häufig im Zusammenhang mit Hate Speech und Desinformation auftauchen. Hier wird deutlich, dass es neben der technischen auch weiterhin eine menschliche Moderation geben muss, die auf der Plattform sicherstellt, dass der demokratische Diskurs nicht zu stark verengt wird.
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